„Die
Unterredung“
Von Hans Bäck, Podium Doppelheft 193/194,
September 2019
Das ist nun schon das zweite Buch von Peter Miniböck,
das ich rezensieren darf. Und wieder, wie schon beim "Bukranion"
stehe ich vorerst einmal davor und ... Ja und: Bahnhof
ist einmal die erste Reaktion! Also, auf und
nachschlagen. Alles was ich über Hölderlin finde, das
ist gar nicht so wenig. Auch in meinem Bücherschrank
steht - natürlich - Hyperion. Schon eine geraume Zeit,
sinnvoll, wieder einmal darin zu blättern? Natürlich,
Peter Miniböcks "Bericht" liegt fordernd vor mir,
Barbara Neuwirth verlangt unerbittlich die zugesagte
Rezension. Also los und Hyperion aufschlagen, dazwischen
die Eintragungen in Wikipedia, Lexika und in der
Einleitung von K.H. Ebnet gelesen, und irgendwann
begonnen mit der eigentlichen Aufgabe. Und siehe da:
Bereits auf Seite 1 musste ich meine berühmten
Anmerkungsstriche machen. Immer dann, wenn ich meine,
etwas entdeckt zu haben, gibt es diese: Wellenlinie,
wenn mir etwas unklar erscheint, gerade Linien, wenn ich
Widersprüchliches glaube gefunden zu haben und so fort.
Ich will nicht alleine meine Arbeitstechniken verraten,
das tut hier auch nichts zur Sache.
Widersprüchlichkeiten, sonderzahl habe ich sie gefunden!
"Der Mann auf der Brücke war fort" einen Satz weiter
"Nach einem Augenblick öffnete ich die Augen und der
Mann auf dem Fahrrad war bereits weg", Seite 9 "so
verlernte ich neugierig zu sein" - doch genug der
Anmerkungen und Zitierungen. Der Leser nach mir soll
selbst auf Entdeckungsreise gehen - womöglich geht es
ihm so wie mir: Am Anfang war der Ärger! Was will Peter
Miniböck nun mit diesem Bericht, in dem der große
Unbekannte fortwährend informiert: "Die Unterredung
findet nicht statt". Gut, dann war es doch soweit dass
ich mich ein wenig mehr mit dem Herrn Hölderlin
beschäftigte, der da etliche Jahre in Tübingen im Turm
zubrachte, zuvor doch ein spannendes Leben führte, voll
mit Liebschaften und anderen Verwicklungen. Flüchtete er
sich in seine Erkrankung? Nach den Behandlungsmethoden
des 19. Jahrhunderts kaum anzunehmen, dass dies jemand
freiwillig auf sich nehmen würde. Also, schön langsam
kam ich dem Peter Miniböck auf die Schliche! Natürlich,
die Jahre im Turm in der selbst gewählten Einsamkeit, in
dieser Situation steigt der Autor ein und führt uns, die
Leser, auf den verschlungenen Pfaden der doch manchmal
wirren Welt des Dichters durch den Bericht, zu der
Unterredung, die nie stattfand ... Es war nicht leicht
die Verschlüsselungen des Autors aufzulösen! Irgendwo in
der Begleitliteratur zu Hölderlin fand ich einen
Hinweis, dass Celan, Trakl, Bachmann von der Dichtung
Hölderlins beeinflusst gewesen wären. Nona, kann ich nur
sagen. Es ist doch immer so, wenn sich jemand mit einer
Person beschäftigt, findet eine Beeinflussung statt, die
sowohl negativ als auch positiv sein kann! Die Gedichte
Hölderlins, besonders die der späteren Lebensphase sind
prädestiniert dafür, auf Nachfolgende einen Einfluss
auszuüben! Und gerade Trakl dürfte in vielerlei Hinsicht
ein direkter Nachfahre des Tübinger Dichters genannt
werden. Auf den Seiten 90 und 91 ist es nun soweit, dass
Peter Miniböck auch dem bisher verschlossenen Leser den
Schlüssel in die Hand gibt. Der Weiße Clown! Welche eine
prachtvolle Verwendung dieses so beliebten Bildes, nein
dieser Gestalt in der Dichtung! Was haben wir nicht
schon alles an Geschichten des und über den Weißen
Clown, den Pierrot, dem weißen, dem traurigen Clown
gelesen - eine unverzichtbare Gestalt der Literatur, und
wie schön wird er hier wieder verwendet. Man sieht beim
Lesen direkt in die Träne: So ist das Leben, sagte der
Clown und malte sich die Träne ins Gesicht. Das stammt
nicht von Hölderlin und auch nicht von Miniböck, aber
das fällt dem Rezensenten beim Lesen ein! Ich wünsche
allen nachfolgenden Lesern noch viele solcher
Assoziationen, Querverbindungen, Entdeckungen. Leicht
macht es uns der Peter Miniböck auch diesmal nicht, aber
das ist ja der Sinn des Lesens, das zu finden, was gar
nicht explizit ausgedrückt ist, sondern verborgen. Ich
meine, auch hier bei diesem schmalen Band gilt die
Aussage von Paul Klee (immerhin haben wir 100 Jahre
Bauhaus und da gehört Paul Klee ja auch dazu): Kunst
soll nicht Sichtbares darstellen, sondern sichtbar
machen! Und das können wir bei der "Unterredung", die nun
vorliegt, in reichem Maße erkunden! Viel Spaß beim
Entdecken und vor allem: viel Geduld beim Finden! Die
Geheimnisse dieses Textes erschließen sich erst nach
und nach! Abschließend ein Wort zur Gestaltung des
Buches: Ein Lob dem Verlag, es ist eine Freude, so ein
sorgfältig gemachtes Buch in die Hand zu haben!
Hans Bäck
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