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Rezension

 

Mutwillige Sommervögel“
 Eine Trilogie

Von der Unmöglichkeit einer Paarbeziehung -
oder - Zwei im Käfig

Eva Riebler

Von der Unmöglichkeit einer Paarbeziehung - oder - Zwei im Käfig: Peter Miniböck, geb. 1946, Mitglied des P.E.N., der IG-Autoren u.a., hat drei Erzählungen, die jeweils eine wenig funktionierende und doch intime Paarbeziehung zum Inhalt haben, in einem Werk vereint. In der ersten Erzählung geht es um einen älteren Mann, der stets gern aufsteht oder die Wirklichkeit wahrnimmt. Im Raum steht oft eine mehr oder minder nackte Asiatin, die unter seiner geistigen Abwesenheit leidet und nun versucht, dieser unangenehme Situationen zu entkommen. Sie sehnt sich nach großen Reisen, am besten bis China oder Japan, jedoch schafft sie es kaum, kurze Wege zu bewältigen und einfach das Nötigste einkaufen zu gehen. Die Angst vor einem kleinen Ortswechsel manifestiert sich wie bei ihrem Lebensgefährten. Auch sie ist eine verworfene Gestalt, die für das normale Leben untauglich geworden ist.

In der zweiten Erzählung, die eher der Richtung „Absurdes“ zuzuordnen sei, stehen sich zwei Gestalten, wiederum ein Mann und eine Frau, im Museum, Zimmer oder am Abhang eines Hügels gegenüber. Sie erkennen einander und sich selbst kaum, sind auf einander bezogen und doch weit entfernt. Das Ungewisse in der Beziehung, die eigentlich keine ist, nimmt überhand. Es werden so viele Unklarheiten und Scheinaussagen aneinandergereiht, dass man das Interesse an der Aufklärung, in welcher eigentümlicher Beziehung diese Zwei sich nun befinden, als Leser verliert. Vielleicht sind sie ja nur einem Bild von Edward Hopper im Museum entstiegen, das allerdings nach 50 Seiten der Erzählung von der Wand des Museums verschwunden ist. Auf jeden Fall geht es um die Poesie des vielleicht gemeinsamen Denkens, Schauens, Fühlens und eine behutsame Symbiose, egal welcher Art. Vielleicht wird die Sehnsucht von Mann und Frau nach gemeinsam verspürter Nähe gleichzeitig durch die Angst davor gestört und die Verwirklichung unmöglich gemacht.

Die dritte Erzählung „Mutwillige Sommervögel“ war für den Band Titel gebend und ist laut Autor ein Versuch einer Paraphrase des Urfaust-Themas. Heinrich und Gretchen sind die Handlungsträger, sie reflektieren, vor allem das alleine gelassene Gretchen, über Gott, über das Gute und Böse, über die Liebe und das aneinander Vorbeireden oder über den Gestank des Hundes. So wie in dieser Faust Annäherung viele interessante Gegensatzpaare sprachlicher Natur vorkommen - Zitat Gretchen: „Das was er wirklich über das Leben wisse, sei der Tod“, oder eine Essenz - Heinrich hat über das Suchen nach Worten und Antworten, das Sprechen als bedeutungslos angesehen und findet vielmehr im Schweigen die Möglichkeit sich mitzuteilen - so endet auch der Inhalt paradox. Heinrich sieht sich nicht mehr als Mann der Tat, als Verführer, sondern eher als Sprachloser, dem die Grenzen seines Befindens verschwimmen. Gretchen hat viele Männer, wird zur Hure und lernt Nein zu sagen. Dazu das Schlusszitat: „Nichts gleicht dem schrillen Schrei eines kleinen Mädchens“.

Peter Miniböck lotet in diesem seinem achten Werk auf über 360 Seiten die Untiefen der Beziehungen zwischen Mann und Frau aus. Kein Buch für Ungeduldige, Rat oder Erbauung Suchende, jedoch für jene, die um das Paradoxe des Gefühllebens und der Paarbeziehung wissen und philosophische Gedanken und die feinen Facetten der Sprache lieben.

Das Coverbild von Robert Floch, der Peter Miniböcks letzten Band „wortkarg“ interessant illustrierte, verdeutlicht diesmal leider weniger in die Abstraktion gehend mit seiner kopflos weiblichen Leiche und der Amsel als Todesvogel daneben, das mortale Ende, zumindest des weiblichen Parts einer Beziehung.

 

 Eva Riebler

 

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