„Fälschung der Erinnerung“
Aus LITERATURLANDSCHAFT,
Niederösterreichischer P.E.N.-Club Eine Bestandsaufnahme
Die Welt war aus heiterem Himmel in Ordnung geraten. Alles, was sich
ereignete, geschah von nun an mit Leichtigkeit. Das Suchen hatte ein
Ende. Die Menschen verließen die Stadt. Und alle lachten. Und alle
waren sie jener penetrant-lieblichen Harmonie ausgesetzt, die sie sich
selber geschaffen hatten und die sie bemüht waren aufrechtzuhalten,
indem sie einander fortwährend Stichworte zuriefen wie: Sonnenschein,
Blumenwiese, Kornfeld, Kinderlachen, Hundegebell; die Klischees, Fälschungen ihrer
vormaligen Lebensart, gingen ihnen dabei nicht aus. Nur die Musik
fehlte in ihrem Repertoire; die Harmonielehre des tonalen Glücks blieb
unaufgearbeitet. Auch wurden keine Blumen aus Strohkörbchen gleich
Biedermeierscher Bilder gestreut. Die Wege und Wiesen, die Felder und
Hänge wurden besetzt, belegt, betrampelt.
Das Auf-Treten aller hätte den Blüten den Garaus gemacht; aus wäre es
gewesen mit dem zarten Pflänzchen Idylle. Ja, sie waren in Bewegung
geraten. Und - gelähmt. Sie hatten einen Anfang gefunden. Und ein
Ende. Keiner wusste, wohin es ging; Lemminge stellen keine Fragen.
Das Copyright© liegt Autor. Ohne
die ausdrückliche
Zustimmung darf die Textprobe nicht verwendet werden
|